Wissen
Fenster sorgen für Sicherheit und Wohlbehagen
Fenster sind genormt und geprüft und die Auswahl ist vielfältig. Die Entscheidungskriterien für Bauherren gehen weit darüber hinaus, dass ein Fenster nur dicht sein muss. Auch verschiedene Sicherheitsaspekte spielen unter anderem eine wichtige Rolle.
Fenster sind komplexe Bauteile. Sie sollten gegen Schlagregen mindestens die Klasse 4A, gegen Windlasten B2 und gegen Luftdurchlässigkeit die Klasse 2 garantieren. Der SIA regelt das in der Norm «Fenster und Fenstertüren». Neue Fenster erreichen sogar die Klasse 3 oder 4 bei der Luftdichtheit, wenn sie mit zwei Dichtungen ausgerüstet sind. Die zweite raumseitige Dichtung wird in der Branche als Überschlagdichtung bezeichnet. Dass ein Fenster mit zwei Dichtungen ausgerüstet wird, ist nicht nur für den Komfort wichtig, es ist auch aus bauphysikalischen Gründen entscheidend. Denn die beiden Dichtungen schützen den dazwischenliegenden Falzraum. Das äussere Gummiband schützt vor Regen und die innere Dichtung vor warmer Luft, die in im Zwischenraum Kondenswasser ausscheiden würde.
Anforderungen an das Glas beziehungsweise an die Fenster (Quelle: SIGAB).
Teurer Upgrade
Einige Hersteller von Qualitätsfenstern bieten den Ersatz und die Nachrüstung von Dichtungen an. Der Fenster-Service erledigt dies in Kombination mit anderen gewünschten Arbeiten wie einem Upgrade von 2-fach- auf 3-fach-Verglasung, der Montage von Insektenschutzgittern und Drehkipp-Beschlägen sowie der Wärmedämmung des Rollladenkastens. Diese Renovation ist nicht billig, so dass sie sich nur bei gutem Zustand der Fenster rechtfertigen lässt.
Schallschutz: 3-fach-Verglasung oder Verbundglas?
Mindestanforderungen sind nur dann einzuhalten, wenn öffentliche Gelder für den Einbau von Schallschutzfenstern ausbezahlt werden. Für das ganze Fenster sollte in diesen Fällen die Schalldämmung mindestens 35 dB betragen. Es handelt sich dabei um das «bewertete Bauschalldämmmass», welches am Bau gemessen wird. Dieser Mindestwert ist zum Beispiel mit einer 3-fach-Wärmeschutzverglasung realisierbar, in den Glasstärken von 8 mm, 4 mm und 4 mm mit Scheibenzwischenräumen von jeweils 12 mm kombiniert sind. Dass die Scheiben ungleich dick sind, mindert die Schallübertragung durch die Verglasung. Falls das Fenster ein Bauschalldämmmass von mindestens 38 dB garantieren sollte, sind Verbundgläser nötig. Bei diesen Verglasungen sind zwei Scheiben durch eine Kunststofffolie miteinander verbunden. Ausser einer schalldämmenden Verglasung sind eine zweite Dichtung sowie ein sorgfältiger Einbau des Fensters nötig.
Die Qualitätskriterien
In der Schweiz sind viele sehr gute Produkte erhältlich – unabhängig vom Rahmenmaterial. Voraussetzung ist, dass die Fenster den einschlägigen Normen entsprechen. Beim Kriterium Ökologie sollte Folgendes beachtet werden: Die Rahmenmaterialien schneiden in etwa gleich ab, wenn bei den Metallen und Kunststoffen geschlossene Kreisläufe (Recycling) vorausgesetzt sind. Wenn nicht, ist Holz das beste Rahmenmaterial bezüglich Ökologie. Holz-Metall-Fenster sind in zwei Bauarten erhältlich, nämlich als «Verbundfenster Holz-Metall» und als «Holz-Metall-Fenster light». Bei der Light-Variante sind die Flügelrahmen mit Alu-Profilen abgedeckt.
Einbrüche verhindern
Die einbruchhemmenden Eigenschaften von Fenstern werden gemäss der Europäischen Norm 1627 sechs Widerstandklassen zugeordnet, die als Resistance Class (RC) bezeichnet werden. Bewertungskriterium ist die Zeitdauer und die Geschicklichkeit, die ein Einbrecher braucht. Mit steigender RC-Klasse nimmt die Widerstandsdauer und die Werkzeugauswahl zu. Der Verband der Schreinermeister empfiehlt für den durchschnittlichen Wohnungsbau Klasse RC2, für gehobene Wohnungen und Häuser RC3. Fenster der Klassen RC2 und RC3 haben drei wesentliche Merkmale: Fensterbeschlag mit zusätzlichen Verriegelungspunkten, Verbundsicherheitsglas (VSG) und ein abschliessbarer Griff. Im Vergleich zur Grundsicherheit (RC1) ist gemäss der Schweizerischen Kriminalprävention für Fenster in RC2-Qualität mit Mehrkosten von 30 bis 40 Prozent zu rechnen. Hausbesitzer sollten vom Hersteller die entsprechenden Atteste verlangen.
Fensterbeschläge mit zusätzlichen Verriegelungspunkten machen es Einbrechern schwerer ins Gebäude einzudringen (Quelle: 4B).
Unfallprävention
Prävention beginnt schon in der Planung eines Umbaus oder eines Hauses durch Wahl geeigneter Glasqualitäten. Die SIGAB-Dokumentation «Sicherheit mit Glas» definiert, welche Glasprodukte für welche Einbausituation infrage kommen. Hauseigentümer sollten von Lieferanten verlangen, dass die für die jeweilige Einbausituation bestellten Produkte der SIGAB-Dokumentation entsprechen. Sinnvollerweise wird dies in der Bestellung vermerkt. In einem zweiten Schritt sollte die Sichtbarkeit von Glaselementen in begehbaren Zonen verbessert werden, beispielsweise durch Schriften oder Bilder.
Unsichtbares Hindernis birgt Gefahren
Bei grossflächigen und Übereck-Verglasungen entscheidet die Sichtbarkeit der Oberflächen gar über den Tod von Vögeln. Die Fokussierung auf ein Ziel jenseits einer Glasfläche ist nicht nur bei Vögeln, sondern auch bei Menschen ein Grund für Verletzungen. Vor allem, wenn einfaches Fensterglas verbaut wurde, das solchen Kollisionen nicht Stand hält. Die SIGAB-Richtlinie «Sicherheit mit Glas» unterscheidet beim Einsatz von Glaselementen zwischen «Bauteilwirkung» und «Bauteilsicherheit », also zwischen dem Schutz vor einem Ereignis wie Absturz und dem Schutz vor Verletzung durch das eigentliche Bauteil. Bei Geländern und raumhohen Fenstern aus Glas steht die Wirkung der Verglasung im Vordergrund. Bei Haustüren, Glaswänden und Überkopf-Verglasungen dagegen birgt das Glaselement ein Schadenrisiko. Gemäss SIGAB ist Sicherheitsglas – also Einscheibensicherheitsglas (ESG) und Verbundsicherheitsglas (VSG) – vor allem bei vier Anwendungen unverzichtbar:
• Raumhohe Fenster und Glastüren: ESG oder VSG, übliches Fensterglas nicht empfohlen.
• Geländer aus Glas: nur VSG zulässig; bei ESG: zusätzliche Absturzsicherung notwendig.
• Innenwände aus Glas: ESG und VSG, übliches Fensterglas nicht empfohlen.
• Überkopf-Verglasungen: VSG, übliches Fensterglas nicht zulässig (Beispiel Wintergärten).
Strenge Vorgaben für öffentliche Bauten
Für Schulen und Kindergärten, Spitäler und Versammlungslokale sind die Anforderungen teilweise strenger. In Österreich verunfallte 2015 ein Kind schwer an einer Glastür. Das Element war aufgrund von Aufklebern gut sichtbar für Erwachsene, jedoch nicht auf der Höhe von Kinderaugen. In schweizerischen Kindergärten ist diese Gefahr gering, weil die sicherheitstechnischen Anforderungen für Schulen und verwandte Räume sehr streng sind.
Hinweispflicht der Architekten und Unternehmen
Egal, ob öffentliche Bauten oder private: viele Architekten und Unternehmen sind sich nicht bewusst, dass sie gegenüber Bauherrschaften eine Hinweispflicht haben. Erst wenn der Eigentümer auf seiner Wahl beharrt, ist der Lieferant oder der Architekt entlastet. Das Risiko liegt dann bei der Bauherrschaft.
Quellen/PDF
hev-schweiz.ch