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Antibiotika im Fleisch, eine tickende Zeitbombe
In der Tierzucht werden immer häufiger Antibiotika verwendet. Dieser Trend ist mehr als gefährlich, denn so werden ganz nebenbei resistente Bakterienstämme gezüchtet.
Verbraucherschutzorganisationen und das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) schlagen Alarm. Der Verbrauch und damit der Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht hat sich seit 2006 etwa verdoppelt. Der Einsatz von Antibiotika, die auch in der Humanmedizin zur Anwendung kommen, birgt eine grosse Gefahr. Antibiotika sollen schädliche Bakterien im Körper von Menschen bekämpfen. Dass sie Aufgrund der Massentierhaltung immer häufiger im Tierkörper landen, erhöht das Risiko, dass resistente Bakterienstämme gezüchtet werden. Ein übermässiger Einsatz macht die Antibiotika gegen Krankheitserreger schnell wirkungslos. Die Folgen sind verheerend. Eine Therapie im Spital ist dann kaum mehr möglich und eine Genesung des Patienten beinahe ausgeschlossen. Die Zahl der multiresistenten Keime nimmt bedrohliche Ausmasse an.
Eine Klasse der Antibiotika, die Cephalosporine, wird sowohl bei der Therapie von bakteriellen Infektionen in der Humanmedizin, aber auch bei der Tierzucht eingesetzt (siehe Grafik). Selbst das Siegel Bio Suisse schützt nicht davor, denn auch hier sind im Krankheitsfall Antibiotika erlaubt. Häufig werden Antibiotika aber nicht zur Krankheitsbekämpfung in den Ställen eingesetzt, sondern rein präventiv. Ist auch nur ein Tier krank, werden alle anderen ebenfalls behandelt. Bei Reihenuntersuchungen wurden bei mehr als 30 Prozent der Masthühner bereits resistente Keime gefunden. Bei Rindern und Schweinen sind es zur Zeit 7 bis10 Prozent. Werden diese Keime über die Nahrungskette auf den Menschen übertragen, so sind fatale Folgen zu erwarten.
Selbst wenn das Fleisch in der Verkaufstheke keine Rückstände von Antibiotika enthält, was sehr zu hoffen ist und durch entsprechende Kontrollen ausgeschlossen werden soll, selbst dann findet es sich wieder. Zuerst im Abwasser aus den Mastbetrieben, dann in den Kläranlagen und später in Flüssen, Bächen und im Trinkwasser. Auch der Obstanbau kommt nicht ohne Antibiotika aus. Bei der Apfelproduktion wird zum Beispiel Streptomycin gegen den Feuerbrand eingesetzt. Die Rückstände landen nicht nur im Grund- und Trinkwasser, sondern finden sich mittlerweile auch in der Milch und im Honig.
Die Schweiz weist im internationalen Vergleich sehr hohe Antibiotika-Verbrauchswerte auf. Ziel muss es sein, deren massiven Einsatz zu thematisieren, zu diskutieren und sowohl die Erzeuger als auch die Konsumenten zu sensibilisieren. Etwas mehr Verantwortungsgefühl für die zukünftigen Generationen, mehr Mass und Ziel beim Einsatz von Antibiotika und etwas weniger Massentierhaltung kann sehr schnell Erfolge erzielen. Ganz verbieten wird sich der Einsatz der Bakterienkiller kaum lassen. Die Bombe tickt weiter.
Quellen/PDF
Grafik: BVET
Bilder: www.daserste.de, www.br.de