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Wetter- und Erdbebensicherheit im Hausbau
Ein Gebäude schützt uns vor Naturgefahren und Naturgewalten, es muss aber auch so konstruiert werden das es selbst den verschiedenen Wetterbedingungen standhalten kann. Denn Schnee, Wind und Erdbeben verlangen eine Konstruktion viele Technische Finessen ab.
Im gesunden Hausbau sind wir es gewohnt, in der Gestaltung der Architektur und den verwendeten Materialien große Freiheit zu haben. Im Allgemeinen wünschen sich ökologisch orientierte Bauherren in erster Linie gesunde Bauweisen und eine natürliche Atmosphäre im Innen- und Außenbereich. Massivholz, Dämmungen aus Naturfasern und leichte Bauweisen überwiegen.
Dennoch gibt, es je nach Bauzone, besondere Regeln bei der Konstruktion zu beachten. Zu den wichtigsten Naturgewalten, denen Gebäude in bestimmten Zonen ausgesetzt sind, gehören: Schnee, Wind und Erdbeben. Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick über die Besonderheiten beim Hausbau in betroffenen geographischen Zonen.
In der Schweiz gibt es eine Übersicht zu den Naturgefahren unter www.schutz-vor-naturgefahren.ch
Mit der Eingabe der Postleitzahl wird die Karte angezeigt und mit anklicken der einzelnen Naturgefahren wird das örtliche Gefährdungspotenzial angezeigt: Oberflächenabfluss Fliesstiefe 10-25cm; Hagel 3cm; Sturm 0.9 kN/m2; Schnee Bezugshöhe im Metern, Erdbeben die Gefährdungszone; Radon Überschreitung des Referenzwertes 15% und weitere Gefahren.
Die Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen VKG, der SIA, HEV, des Gewerbe- und Versicherungsverbandes und weitere Organisationen und Verbände, haben diese Website eingerichtet. (Stand 2021)
Erdbebenzonen
Erdbeben in Nordeuropa? Das klingt zunächst einmal wie eine absurde Idee. Aber es gibt tatsächlich einige Zonen in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland, die als erbebengefährdet gelten. Und einige Beben mit der Stärke 6 auf der Richterskala haben bewiesen, dass es auch in unseren Breiten zu grossen Schäden kommen kann. Wie macht man also ein Haus erdbebensicher? Dafür gibt es folgende Prinzipien:
Gedrungene Bauform: Kompakte Häuser mit tiefem Schwerpunkt sind zu bevorzugen. Der Grundriss sollte so quadratisch wie möglich sein, ausserdem gilt die Faustregel: Maximal viermal so hoch wie breit. Dies macht das Haus stabil und verringert die Eigenschwingung.
Anpassung der Steifigkeit: Im Allgemeinen bewirkt eine Aussteifung des Gebäudes mit massiven Innenwänden die Resistenz gegen Schwingungen. Dabei sind Konstruktionen aus Stahlbeton gemauerten Wänden vorzuziehen. Häuser mit hoher Steifigkeit wiederstehen auf den meisten Baugründen gut den Erdbebenwellen. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Auf sehr harten Untergründen wie zum Beispiel Fels oder Betonplatten empfehlen sich eher nachgiebige Baukonstruktionen. Mit dem Prinzip „hart und weich“ vermeidet man eine Verstärkung, ein „Aufschaukeln“ durch die Erdvibrationen. Physiker nennen dies Resonanzwirkung.
Wahl der Baustoffe: Einen grossen Einfluss auf die Erdbebensicherheit haben die Baumaterialien. Wenn wir von steifen Konstruktionen sprechen, bedeutet das nicht zwangsläufig, mit schweren Baustoffen wie Beton und Mauerwerk zu arbeiten. Durch einen intelligenten Einsatz der ökologischen Holzständerbauweise lassen sich sehr steife, aber gleichzeitig verformbare Gebäude bauen, die zusammen mit Beplankungen aus Holzfaserplatten grosse Mengen an Erdbebenenergie schadlos aufnehmen können. Dies beweisen alte Fachwerkhäuser, die viele Jahrhunderte und viele Erdbeben schadlos überlebt haben.
Entkoppelung vom Untergrund: Die Ergebnisse der Erdbebenforschung fliessen in die neuesten Konstruktionstechniken von Gebäudefundamenten ein. Das Prinzip ist einfach: Durch völlige Entkoppelung möchte man den Einfluss des Erdbebens auf das Haus minimieren. In der Praxis ist das natürlich schwierig, schliesslich kann ein Haus nicht in der Luft schweben. Aber mit dem Einbau von Stahlkugeln in die Fundamente versucht man, so viel Schwingungsenergie wie möglich abzubauen. Noch effektiver geschieht dies bei der seismischen Isolierung mit Hilfe von Gummipuffern oder Kugellagern.
Die Normen Eurocode 8 harmonisieren europaweit die Zuordnung und Klassifizierung der Erdbebenzonen für ein Bauwerk.
Windzonen
Aber nicht nur aus der Erde, sondern auch aus der Luft drohen Gefahren für die Standsicherheit eines Hauses. Windkräfte können erhebliche Schäden anrichten, und die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass der Klimawandel und die globale Erwärmung eine deutliche Zunahme von starken Stürmen ausgelöst hat. Orkane, sogar Tornados und Hurrikans beschränken sich nicht mehr auf die Karibik, sondern treten immer häufiger auch hierzulande auf.
Was bedeutet dies für die Baukonstruktion in exponierten Gebieten und Lagen? Besonders betroffen ist bei starkem Wind im Allgemeinen das Hausdach. Auf dieses wirken neben Druck- vor allen Dingen auch Zugkräfte, auch Sogkräfte genannt. Daher gilt es nicht nur, den Dachstuhl stabil zu konstruieren, sondern auch die Dachhaut gegen Abheben zu sichern. Bei Dachziegeln erreicht man dies durch Klammern. Durch ihre windbrechende Form gelten Steildächer als wesentlich resistenter als Flachdächer, die im Falle eines Sturms komplett abheben können.
Auch wenn die bei weitem grösste Prozentzahl an Sturmschäden die Dachfläche betrifft, sollten Sie dennoch bei exponierten Lagen auch das gesamte Gebäude mit in die Planung einbeziehen. Extrem leichte Bauweisen und grossflächige Fassadenbeplankungen sind anfälliger als massive Bauweisen. Planer berechnen die Windlasten nach dem Eurocode 1 - DIN EN 1991-1-4 in Abhängigkeit von der Windzone, der Höhe über N.N. und der Gebäudehöhe.
Schneelastzonen
Im Gegensatz zu Windlasten wirken sich Schneelasten immer nur als Druckkräfte auf ein Gebäude aus und lassen sich relativ gut kalkulieren. Im Allgemeinen kann man sagen: Je höher ein Haus liegt, umso höher ist die zu erwartende Schneelast. Sicher gibt es einige Ausnahmen, aber die Tabellen der meisten Länder orientieren sich bei der Bestimmung der Schneelastzonen an den Höhen Meter über Meer. Meistens wird zwischen 4 Schneelastzonen unterschieden.
Schneelasten können, abhängig von der Schneehöhe und Konsistenz, durchaus enorme Werte annehmen. Je nach Zone wirken auf ein Dach zwischen 100 und 1000 kg pro Quadratmeter Gewicht ein, das ist eine Tonne pro Quadratmeter Dachfläche! Daher wird deutlich, dass der Dachstuhl, die Aussenwände und die Fundamente eines Hauses in schneereichen Zonen entsprechend dimensioniert werden müssen.
Genau wie beim Wind spielt die Dachneigung eine wesentliche Rolle bei der Resistenz gegen Schnee. Auf steilen Dächern können sich keine so dicken Schneekappen bilden wie auf flachen Dächern. Die Scheelast wird nach der EU-Norm Eurocode EN 1991-1-3 geregelt und durch weitere nationale Regelwerke ergänzt.
Fazit
Für ökologische Häuser bedeuten die vorhergehenden Betrachtungen, dass eine ökologische Bauweise sehr gut Wind, Wetter und Erdbeben trotzt, wenn man bestimmte Grundregeln einhält. Besonderes Augenmerk sollten auf die Konstruktionsweise und auf die Dachform gerichtet werden.
Quellen/PDF
Quelle: Baufritz
Stand: Dezember 2020